Kufencracks und Sprachtalente

Wenn in Bärndütsch gedacht und auf Japanisch das Essen bestellt wird, der Trainer aus Finnland kommt, dann muss es um Kufencracks gehen

Simon Moser – Eishockeyprofi beim SC Bern

Mehrsprachigkeit ist für viele Sportler heute eine Selbstverständlichkeit. In welcher Sprache denkst du?

SM: Berndeutsch. Das ist meine Mutter- und meine Herzenssprache.

In deinem Job kann Sprache nicht nur wichtig, sondern auch vielfältig sein, je nach Situation. Die Hockeysprache ist ja zum Beispiel auch nicht Berndeutsch, sondern Englisch. Wie kommst du damit zurecht?

SM: Englisch finde ich eine der einfacheren Sprachen. Ich habe bereits seit meiner Kindheit mit ihr zu tun. Bei einem einjährigen Auslandsaufenthalt in den USA bin ich ihr dann wieder begegnet, seitdem fällt sie mir relativ leicht. Dagegen ist Französisch für mich eine Knacknuss. Wir sind ja hier nicht weit vom frankophonen Teil des Landes. Aber wie bei jeder Sprache, die nicht regelmässig gesprochen wird, kann es dann mit Vokabeln, Satzstellung etc. wirklich schwer werden. So geht es mir, trotz der räumlichen Nähe, mit dem Französischen. Eigentlich schade. Viele andere Sprachen würden mich eigentlich auch reizen, aber «äbe». Sie zu lernen ist das eine, wenn ich sie dann aber nicht verwende, vergesse ich das Gelernte nach einiger Zeit wieder. «Drum, wenn nid Englisch, dann ehnder Mundart.»

Mundart denken und Englisch sprechen, gerade auf dem Eis, das stelle ich mir auch nicht gerade einfach vor.

SM: Stimmt. Teilweise stelle ich alles «auf Englisch» um – also auch das Denken. Dann fällt es mir manchmal sogar schwer, das deutsche Wort sofort zu finden. Aber mehrheitlich läuft das bei mir so: auf Schweizerdeutsch den Satz bilden, ihn übersetzen und dann auf Englisch rauslassen.

So gehen ja viele Leute vor, die in einer Fremdsprache kommunizieren. Mit solchen «Spontanübersetzungen» kann man ja auch ganz schön danebenliegen. Bist du dabei schon mal in ein sprachliches Fettnäpfchen getreten?

SM: Ja, klar. Manche Satzstellung oder 1:1-Übersetzung kann zu einer hübschen Sprachverwirrung werden. Wenn der eigene Wortschatz nicht das hergibt, was gerade punktgenau richtig wäre, dann kann es lustig werden. Spätestens, wenn die Mitspieler anfangen zu lachen, merke ich, dass ich wohl etwas Komisches gesagt habe. Aber, wenn es schnell gehen muss, z. B. bei einem Match, dann genügen ja oft auch sehr kurze Sätze oder sogar einzelne Wörter.

Berndütsch, Englisch ... je nach Trainer kommt ja auch noch eine weitere Fremdsprache dazu. Ich nehme an, dass dein Finnisch noch nicht wirklich perfekt ist.

SM: Nein, mein Finnisch sicherlich nicht (lacht). Der Vorteil in einem solchen Fall ist aber, dass der Trainer, für den Englisch ja auch eine Fremdsprache ist, in etwa das gleiche sprachliche Niveau hat wie der Grossteil des Teams. Das ist dann eigentlich ganz praktisch. Aber auch da gibt es teilweise witzige Ausdrücke und Satzstellungen, und wenn der Trainer dann mal was Schräges sagt, kann man ja nicht einfach lauthals loslachen.

Du hast auch Schweizer Kollegen im Team. Da gibt es doch sicher sprachliche Kantonsvorurteile.

SM: «Es wird scho o viu gstichlet, aber es isch beidsiitig und darum isches aube o luschtig». Der «Dialekt-Battle» wird aber nicht nur zwischen Zürchern und Bernern ausgetragen. Da kommt es sogar unter den Zürchern immer wieder mal zu sprachlichen Checks. Es macht ja auch einen grossen Dialekt-Unterschied, ob jemand aus Winti oder aus der Stadt Zürich kommt. Das musste ich auch erst herausfinden. Aber ja, es ist witzig und gehört dazu.

Gut, gegen Berner stichelt ja der Rest des Landes eigentlich immer.

SM: Ja, natürlich, das «Langsame», das kommt immer und von allen Seiten. Naja und als Berner hast du immer das Gefühl, du bist der Hauptstädter und der Zürcher ist der coole Typ aus dem Finanzhotspot. Logisch, denken die Zürcher dann immer, sie wären in dieser Hinsicht einfach die besten.

Wenn du dir eine Sprache wünschen könntest, die du sofort perfekt sprechen, schreiben und verstehen würdest, welche wäre das?

SM: Spanisch.

Warum?

SM: Ich finde es eine spannende Sprache und so ganz einfach dürfte sie auch nicht zu lernen sein. Ausserdem gehört sie neben dem Englischen zu den am meisten gesprochenen Sprachen der Welt. Spanisch zu können, wäre super.

Eric Blum – Eishockeyprofi beim SC Bern

Mehrsprachigkeit ist für viele Sportler heute eine Selbstverständlichkeit. Wie wichtig sind die Fremdsprachen?

EB: Sprachen finde ich etwas vom Geilsten. Je mehr Sprachen man beherrscht, umso mehr Welten öffnen sich. Ich bin zweisprachig aufgewachsen. Meine Mutter spricht mit mir seit meiner Geburt Japanisch und das haben wir bis heute so beibehalten. Mit meinem Vater habe ich immer Schweizerdeutsch gesprochen. Dann hatte ich das Glück, dass ich die Montessori-Schule besuchen durfte. Auch dort wurden Sprachen bereits sehr früh gefördert. Sogar im Kindergarten hatte ich mehrere Berührungspunkte mit Fremdsprachen. Da wir damals viele englische Lieder gesungen haben, konnte ich diese Sprache relativ einfach und schnell mitnehmen. Dazu kommt noch, dass sich meine Eltern in Spanien in einer Sprachschule kennengelernt haben. Beide sprechen auch noch fliessend Spanisch. Ich habe sogar Tanten und Cousins, die in Spanien wohnen. Somit bin ich dran, Spanisch zu lernen. Das hat mich schon immer interessiert, auch als ich auf Reisen in Südamerika war. Dort hat es mir natürlich sehr geholfen. Und da ist auch noch das Französische, das haben wir ganz normal in der Schule gelernt.

Die «Hockeysprache» ist Englisch ...

EB: Richtig. Es gibt extrem viele Ausdrücke im Hockey, die aus dem Englischen stammen und für die es im Deutschen auch keine genaue Übersetzung gibt. «Die Scheibe ‚dumpen‘» z. B. heisst: «die Scheibe tief bringen». Dann gibt es noch «offside» und «icing» etc. Da im Schweizer Hockey viele Ausländer dabei sind, wird sowieso viel Englisch gesprochen. Die Universalsprache des Hockeys ist Englisch. Wir haben jetzt auch noch einen finnischen Coach, der mit uns auf Englisch redet.

Na, das gibt dann ja sicher ein schönes Kauderwelsch. Wie sattelfest bist Du im Englischen?

EB: Für mich ist das alles andere als ein Problem. Dort wird ja auch eher ein einfaches Englisch gesprochen, mit geläufigen Hockeyausdrücken. Auch jemand, der die Sprache weniger gut beherrscht, kommt da relativ schnell mit. Schon im Juniorenalter gehört das Englische einfach zu unserem Sport dazu. Ich denke, in der Schweiz ist das sowieso «cool» und auch geografisch bedingt, da wir im Land drei bis vier verschiedene Sprachen sprechen. Englisch wird in der Schule gelernt, das macht uns sprachlich flexibel und ist sehr wertvoll. In anderen Ländern hat man da sicher grössere Probleme.

Zurück zu deinen japanischen Wurzeln: Welche sprachlichen Herausforderungen hattest du da zu meistern? Andere Schrift, komplett andere Kultur – wie bist du mit diesem Zwiespalt umgegangen?

EB: Wirklich gemerkt, dass es einen Zwiespalt gibt und eine Herausforderung darstellt, habe ich im Teenageralter und dann kurz darauf, als ich das erste Mal allein nach Japan gereist bin. Da habe ich realisiert, was ich effektiv kann und was nicht. Das Japanische hat extreme Höflichkeitsstufen. Ich habe zu Hause immer in einem familiären Verhältnis gesprochen, eben unter Freunden und in der Familie. Im Deutschen wäre das z. B. das «Du», aber die «Sie-Form» habe ich nie wirklich gelernt. In Japan gibt es aber über der Höflichkeitsform «Sie» auch noch eine weitere Stufe und über dieser wiederum eine, die noch weiter oben steht. Da habe ich gemerkt: «Shit, dass ist ja wie eine andere Sprache hier!».

Es gibt drei Schriftarten im Japanischen, und bisher habe ich immerhin die beiden einfachen gelernt. Die schwierige Schriftart, die auch oft tätowiert wird, beherrsche ich noch nicht. Das sind mehrere tausend Zeichen, die man braucht, um z. B. eine Zeitung lesen zu können. Mit 23 Jahren bin ich in Zürich in die japanische Schule gegangen. Ich konnte zwar fliessend sprechen, aber im Restaurant musste ich dann fragen: «Entschuldigen Sie, können Sie mir bitte die Speisekarte vorlesen?». Da kam ich mir dann auch lächerlich vor. Bis heute kenne ich etwa 500 Zeichen, d. h., die Speisekarte im Restaurant, die habe ich jetzt immerhin im Griff.

In welcher Sprache denken?

EB: Die Sprache, die ich gerade spreche, denke ich auch. Also, wenn ich Japanisch rede, dann überlege ich auch in Japanisch. Denn alle Nuancen und Emotionen sind ja völlig anders als im Deutschen. Es würde gar nicht wirklich funktionieren, wenn ich dann Deutsch denken würde. Die Inhalte könnte ich dann nicht gleich «rüber» bringen.

Wenn du dir eine Sprache wünschen könntest, die du sofort perfekt sprechen, schreiben und verstehen würdest, welche wäre das?

EB: Hm… noch schwierig. «Es git huere viu geili Sproche.» Jetzt wäre es Philippinisch, weil meine Freundin von dort stammt. Ich habe angefangen, die Sprache zu lernen, und die ist mega schwierig. Aber dann wäre es mir möglich, mit der Familie ganz normal zu kommunizieren. Also Tagalog wäre die Sprache, die ich mir so spontan wünschen würde.